Riding the Rails to St. Louis

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Ort: Illinois und Missouri
Wetter: Bewölkt bis sonnig
Musik: Friends will be friends
Essen: Pulled Pork und sliced Roast Beef
Motto: South-Westward Ho!

Heute folgen wir der historischen Route 66, aber erst einmal auf Schienen. Gut, dass das Auschecken im Hotel und das Taxirufen (per Lampe, sehr cool) flott ging: In der Union Station wird man eine halbe Stunde vor Abfahrt eingecheckt.
Der Bahnhof liegt halb unterirdisch, die Bahnsteige sind düster und dreckig. Dagegen ist der klassisch silberglänzende Zug innen sehr geräumig, besser als 1. Klasse DB, und gepflegt. WLAN gibts auch, also kann ich gleich bloggen. So viel angenehmer als fliegen! Außerdem hat man noch echte Übergänge zwischen den Waggons, die blechern scheppern und sich gegeneinander verschieben, was Leo sehr beeindruckt. In unseren ICEs ist das ja alles mittlerweile unter Putz.
Wir frühstücken Hot Dogs, Breakfast Burger und Cream Cheese Bagels aus dem Speisewagen.
Wir fahren durch Joliet, in dessen Gefängnis Jake Blues einsitzen musste. Heute ist das Jail als Museum zu besichtigen. Nächstes Mal vielleicht…
Nach dem Frühstück habe ich Zeit, die bisher geschossenen 1118 Fotos auf „nur“ 305 zu reduzieren – Strom für den Laptop gibt’s auch. Überhaupt wird man in Amerika vorzüglich versorgt, z. B. stehen in der Innenstadt von Chicago überall Trinkbrunnen herum. Was ein wenig nervt ist die allgegenwärtige Klimaanlage: Jeder geschlossene Raum, sogar ein botanisches Atrium am Pier mit tropischen Pflanzen, ist arktisch klimatisiert. Keine Ahnung, wie die Amerikaner das packen. Gut, dass wir unsere Softshell-Jacken immer dabei haben.
Noch nerviger sind die US-Dollar: Alle Scheine haben genau dieselben Maße und quasi dieselbe Farbe. Ich lebe in der permanenten Sorge, einem Kellner aus Versehen 100 Dollar Trinkgeld zu geben. Das Bezahlen ist sowieso knifflig, da die staatliche Mehrwertsteuer meist erst an der Kasse aufgeschlagen wird. Will man z. B. einen Kapuzenpulli kaufen (weil man dummerweise nicht warm genug zum Essen im Restaurant angezogen ist), der laut Etikett 38 Dollar kostet, sind an der Kasse plötzlich 42 Dollar zu berappen.
Eine phantastische Idee hatte dagegen die Eisenbahngesellschaft Amtrak, als sie zur Unterhaltung für jeden Streckenabschnitt mehrere Podcasts produziert hat. So hat man noch viel mehr von der Eisenbahnreise.

In St. Louis, Missouri, erwarten uns Valerie und TeJuana um 15:00 am Bahnhof. Wir fahren direkt zur katholischen Cathedral Basilica of St Louis,
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ein Geheimtipp von Valeries Freundin Sue, die wir später treffen. Die romaneske Kirche ist komplett mit Mosaiken ausgestaltet, obwohl sie erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts erbaut wurde. Sehr eindrucksvoll, schön und besinnlich!
Danach kehren wir zur alten Union Station zurück, die zum Einkaufszentrum umfunktioniert wurde, und treffen Sue, mit der wir dann bei Maggie O’Brien’s Irish Pub sehr leckeres Pulled Pork und Roastbeef-Sandwiches genießen.
Um 20:00 haben wir Tickets für den Gateway Arch, einen riesigen Bogen aus Edelstahl, der das Portal zum Westen symbolisiert – die Entdecker Lewis und Clarke zogen von hier vor gut 200 Jahren los, um den wilden Westen zu kartographieren (hat geklappt) und einen schiffbaren Fluss zum Pazifik zu finden (da sind aber die Rockies im Weg). Der Bogen ist nicht nur ein wunderschönes Denkmal und gleichzeitig die größte Edelstahlkonstruktion der Welt (Superlative müssen eben sein), der Weg nach oben erinnert auch sehr an die High-Tech-Festungen von James Bond-Bösewichten aus den Sechzigern: Man besteigt im Keller eine eiförmige Kapsel,
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in der man recht gedrängt sitzt; diese Kapsel wandert dann den Bogen hinauf und dreht sich dabei in ihrer Führung; aber nicht wie beim Paternoster sanft schwingend, sondern in kleinen ruckartigen Schritten. Oben angekommen blickt man auf West und Ost hinab; ironischerweise liegt der „zivilisierte“ Stadtkern im Westen, und im Osten ist es weitestgehend leer. Anke hält trotz Höhenangst heldenhaft mindestens zwanzig Minuten nahezu klaglos aus.
Nach der Talfahrt gibt es einen Dokumentarfilm aus den Sechzigern, der den Bau des Monuments begleitet und die außergewöhnliche technische Leistung würdigt.
Der Tag endet im Comfort Inn Hazlewood, das Valerie für uns gebucht hat. Sue, die bei uns bleibt und uns morgen begleitet, und deren Mann Polizist ist, warnt vor der üblen Gegend, was mich als unbewaffneten (nebenbei: Valerie wäre heute beinahe nicht in den Arch gekommen; „she carried“) Touri aber nicht von einem kleinen Getränkeshoppingspaziergang abhält.

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