Android im Auto – was taugt das Navgear DSR-N 370?

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Ein Autoradio mit Android-Betriebssystem? Klingt cool: Google Maps und OSMAnd, sogar ein iPod-Anschluss für den Fahrer, und für die Beifahrer Filme, Musik, Spiele et cetera – und das noch zu einem Preis um die 380 Euro. Ist das Navgear DSR-N 370 von Pearl ein Schnäppchen? Kurz gesagt nein, aber am Ende des Artikels kann ich mit Alternativen aufwarten.

Auch wenn die Einrichtung eines Android-Gerätes allgemein recht flott geht, dauert der Download und die Installation von Apps schon eine Weile. Gerade Offline-Navikarten mit mehreren GB machen einen längeren Aufenthalt im vor dem Haus geparkten Auto (denn dort gibt’s WLAN) notwendig. Zumindest für OSMAnd gibt es die Möglichkeit, eine sehr kleine Landkarte herunterzuladen, um die Ordnerstruktur auf der externen SD-Karte anzulegen, und dann die Daten von einem anderen Gerät, z. B. dem Handy, zu kopieren.

Nach der Einrichtung hatte ich auf einer 5000 Kilometer langen Spanien-Rundreise im Wohnmobil ausführlich Gelegenheit, die Praxistauglichkeit des Geräts auf Herz und Nieren zu überprüfen.
Leider verfügt das Radio nur über eine sehr langsame CPU; das Berechnen einer Route dauert 10 mal so lang wie auf meinem Galaxy S5. Strecken über 500 km sollte man besser als GPX-Track vorbereiten und auf die SD-Karte des Radios kopieren.
Sogar die reine Anzeige der Landkarte (bei Google Maps und Osmand) ist extrem zäh. Das ist besonders nervig, wenn es sich in der Innenstadt „verschluckt“. Ein Workaround: Mit dem Handy als Navi starten, etwa 10 Minuten später  übernimmt dann das Radio. Die Bedienung sollte man besser dem Beifahrer überlassen oder kurz rechts ran fahren, denn das präzise Tippen auf dem Bildschirm lenkt extrem vom Autofahren ab.

Auch sonst hat das Gerät einige Macken: Die Musikwiedergabe zieht spürbar Rechenleistung. Die iPod-Steuerungs-App funktioniert eher nach dem Glücksprinzip (Playlist wählen o. ä). Die Youtube-App kann nicht multitasken; sobald man zu einer anderen App wechseln möchte, stoppt die Musikwiedergabe. Und nach ein paar Stunden Betrieb gönnt sich das Radio gern mal einen Absturz mit anschließendem Neustart – nach Murphy’s Law immer kurz vor einem komplizierten Autobahnkreuz. Ein besonders nerviger Bug ist das Problem, dass das Radio gerne mal die Winterzeit verwendet – auch im Sommer.
Die Radio-App speichert die Sender nicht auf der SD-Karte – nachdem das Radio stromlos gemacht wurde, muss wieder neu gesucht und eingerichtet werden. Das Gerät sollte man aber stromlos machen, denn es zieht einen hohen Standbystrom, und dieser leert die Autobatterie innerhalb weniger Tage, wenn nicht gefahren wird. Ich habe dafür extra noch einen Kippschalter im Auto installiert, der den Dauerstrom unterbricht, denn das Wohnmobil bleibt schon mal ein, zwei Wochen geparkt.

Die Grundidee von Android im Autoradio ist prima, die Ausführung leidet aber noch unter vielen Kinderkrankheiten. Das Problem Nischenprodukt – kleine Stückzahlen zu günstigem Preis, das kann eigentlich nicht gut gehen. Optimal wäre ein abnehmbares Display, das dann als Tablet funktioniert.

Für Android im Auto ist es zur Zeit also ratsamer, ein billiges Radio mit Klinkeneingang als „Verstärker“ einzubauen und das Handy oder ein kleines Tablet, das man dann auch zuhause oder in mehreren Fahrzeugen nutzen kann, damit zu verbinden. Von Brodit gibt es sehr gute (wenn auch teure) Halterungssysteme. Auf diese Weise macht Android im Auto auf jeden Fall Sinn, denn für die ansonsten üblichen teuren Naviradios bekommt man nach ein paar Jahren keine aktuellen Landkarten mehr, oder zahlt dreistellige Preise dafür. Für das JVC im anderen Auto gibt es Kartendaten von 2011 (wir haben jetzt 2016!) zum Preis von 99 Euro. Den Unfug mache ich nicht mit, wenn ich tagesaktuelle OSM-Karten umsonst haben kann.

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