Retail Therapy

Die Budweiser-Uhr weckt mich um kurz nach drei Uhr morgens – perfekt, denn der Mond ist jetzt untergegangen und der Himmel schön klar. Meine Augen haben sich nach kürzester Zeit an die Dunkelheit gewohnt. Über unserem Haus spannt sich die Milchstraße mit einer Klarheit, die man in Europa bestenfalls in den Hochalpen bewundern kann. Ich schieße einige Bilder, aber die Nachtkälte und die für Stadtmenschen ungewohnte einsame, weite Stille der Felder – nur das Rascheln der Blätter ist zu hören, weit und breit kein anderes Geräusch – treiben mich doch bald wieder ins Bett.

Wir schlafen gemütlich aus, um neun Uhr stehe ich auf und sichte unsere Fotos. Als wir Jasper streicheln und Holger zum Geburtstag gratulieren, vermeldet mein Handy neue EMails – es gibt hier draußen beim Esel also eine halbwegs vernünftige Internetverbindung. Die nutze ich gleich, um bei WalMart ein Kundenkonto zu eröffnen und die Nachtfotos von der „Barn“, der über hundert Jahre alten Scheune, die der Schwiegervater von Ernest Hemingway gebaut hat, auf A4-Format entwickeln zu lassen. Alle Angehörigen des Turner/Crowson-Clans sehen Buddys Haus und Hof als ihre spirituelle Heimat an, und jeder soll als kleines Dankeschön ein Foto erhalten. WalMart verspricht, das in einer Stunde zu bewerkstelligen.
Wir fahren über zunächst Feldwege in Richtung Kennett, Missouri. Leo stellt sich beim Lenken von Valeries über 2,5 Tonnen schweren GMC-Pickup-Trucks auf meinem Schoß immer geschickter an.
Wir bekommen beim Riesensupermarkt unsere Fotos von einem Berg von Mann ausgehändigt, der das Ergebnis sehr lobt: „These are some awesome prints, man!“ Das Ergebnis kann sich tatsächlich sehen lassen.
Wir suchen erneut den Taco Bell auf, man erinnert sich noch an meinen Namen (das Essen wird frisch zubereitet und der Kunde dann mit Namen gerufen) – wir müssen gestern also Eindruck (oder recht viel Unrat) hinterlassen haben.

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School and Scouts

Kaum zu glauben, dass unser Urlaub erst zu einem Drittel vergangen ist – wir erleben hier unglaublich viel in so kurzer Zeit. Heute brechen wir um kurz vor neun auf, um Michael und Joseph bei „Chapel“, der Schulandacht, zu besuchen. Die beiden besuchen die Crowley’s Ridge Academy, eine kirchliche Privatschule im 55 Kilometer entfernten Paragould, nach hiesigem Verständnis also gleich um die Ecke. Michaels fünfte Klasse ist heute für die Andacht zuständig, jeder Schüler trägt eine Kleinigkeit auf der Bühne des großen Auditoriums, das wie ein älterer Kinosaal ausgestattet ist, vor. Am Ende spricht der Principal, der Schulleiter, ein Gebet, nicht nur für kranke Kollegen und Schüler sowie das generelle Wohlergehen seiner Schützlinge, sondern auch für uns Besucher, er erbittet für uns einen schönen Urlaub und eine gesunde Heimreise. Während des allgemeinen Teils mit Ankündigungen für den Tag durfte bzw. musste Michael uns schon als seine Besucher vorstellen, und wir wurden von der „Schulfamilie“, wie es im deutschen Pädagogenjargon heißt, herzlich begrüßt.
Joseph schleppt Leo gleich mit in sein Klassenzimmer, um ihm die Kaulquappen zu zeigen, die auf dem Pult in einem Aquarium herumflitzen. Dann verlassen wir die Schule wieder und fahren die 55 Kilometer zurück nach Piggott – Frankie muss Heu schneiden und TeJuana bringt uns zum Barber ihres Vertrauens, der auch schon Opa Buddy immer rasiert hat. Ich hatte um einen Besuch bei einem typisch amerikanischen Herrenfriseur gebeten, da ich mich immer mehr in Sasquatch, den Waldmenschen, verwandelt habe, nachdem mein elektrischer Rasierer durch unsachgemäßes Packen meinerseits im Koffer eingeschaltet wurde und seine komplette Ladung wohl schon über Kanada verbraucht haben muss. Das sperrige Ladegerät hatte ich natürlich zuhause gelassen. Rasieren und auch ein Haarschnitt waren also wirklich kein Luxus.

Ronnie ist seit 54 Jahren Barber und verwandelt mich mit geschickt geführtem Langhaarschneider (mit integriertem Staubsaugeraufsatz, äußerst praktisch) und Rasiermesser in einen Menschen. Auch Leo wird geschoren, er ist ganz begeistert, wie lang sein Hals jetzt aussieht. (Frankie wird uns später fragen: „Did you get your ears pulled down?“)Aber nachdem auch seine Mama dabei ist, hat er vorne noch genügend Haare übrig, um wirklich prima auszusehen.
Ab ins Auto, 55 Kilometer nach Paragould fahren, denn nachmittags darf Leo mit Joseph in den Unterricht, der in der Praxis aus Cookies und Schokomilch verputzen, Youtube-Bibelfilmchen über Adam und Eva angucken (nein, die Darwin-Thematik wurde weder angesprochen noch verteufelt, wir haben auch nicht gefragt) und einer Pep Rallye besteht. Pep Rallies muss man erlebt haben, um es zu glauben: Die Volleyball-Mädchenteams der Seniors = Abschlussklasse und der Juniors spielen heute abend, und schon nachmittags werden die Fans von männlichen Cheerleadern kräftig angeheizt. Ein bulliger, kahlgeschorener, junger Sportlehrer betritt die Bühne, heizt kräftig mit ein, bevor er bekennt, heute nacht geträumt zu haben, sein Team habe das bevorstehende Match verloren. Strafe muss sein: Die Cheerleader bitten alle Anwesenden, ihre Handies herauszuholen und mittels Taschenrechner eine längere Aufgabe mit einer anfangs zufällig gewählten Zahl zu rechnen (der Sportlehrer wählt übrigens als Zufallszahl die 666 – und das an einer christlichen Schule, ein bisschen Provokation muss und darf wohl auch sein) – am Ende kommt natürlich bei allen dasselbe Ergebnis raus, und die Volleyballerinnen dürfen ihrem Trainer mit Sprühsahne gefüllte Pappteller ins Gesicht klatschen. Die Grundschüler johlen, die Halle flippt aus. Fünf Minuten nach dem Glücksritual leert sich das Auditorium wieder, und Leo darf nun Michael begleiten und den Gecko in dessen Klasse bewundern.
Nach dem Unterricht schnell weiter, wenn auch mit Zwischenstopp [Doppel-P, igitt, aber das geht mir bei Anke nicht anders durch] bei „Sonic“, dem „original drive-in“, wo das Essen von Kellnerinnen auf Rollschuhen zum Auto gebracht wird, das vor dem Haus parkt; die Restaurants haben nur drive-in oder drive-thru (sic), aber keine Sitzplätze oder Theke im Haus. Kennt man schon aus dem Vorspann der ‚Familie Feuerstein‘.

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Cruisin‘ up town

Heute gehen wir es langsam an: Erst mal gemütlich ausschlafen, Kaffee kochen, Wäsche waschen und trocknen, Jasper streicheln, reiten und tränken. Anke entdeckt einen „Cropduster“ am Himmel, und wir Jungs machen uns auf die Suche danach. Das Flugzeug düngt gerade ein Bohnenfeld, wir können tolle Fotos machen. Danach stromern wir durch Greenway und Piggott. Plötzlich ist mehr als eine Stunde vergangen, und wir sind über 60 Kilometer herumgefahren – die Weite der Landschaft und das gemächliche Tempo lassen jede Relation zu Zeit und Raum dahinschmelzen.
Stippvisite bei Frankie, wir bekommen den Tipp, im ca. 20 Meilen entfernten Kennett/Missouri gäbe es einen Taco Bell, nach dem es Anke gelüstet und den Stefan noch nicht kennt, in dem wir sehr leckeres Tex-Mex-Futter schlemmen, sowie einen Walmart, einen gigantischen Allround-Supermarkt nicht nur für Lebensmittel (dort wird auch Bier verkauft, das hiesige Clay County dagegen ist „dry“), sondern auch Kleidung, ein Baumarkt- und Autozubehörsortiment, natürlich auch Waffen, zudem Kleidung und Elektronik. Nachdem die Suche nach einem gebrauchten iPod für Leo bislang erfolglos war, können wir einem Restposten-Sonderangebot nicht widerstehen, und Leo kauft sich von seinem Taschengeld einen brandneuen hellblauen iPod Nano Touch. Dem Verkäufer verpassen wir mit unserer Diskussion der Kaufentscheidung sehr angenehme „Flashbacks“ an seine Zeit auf dem Militärstützpunkt Frankfurt-Hahn. Wir haben hier schon recht viele Leute getroffen, die uns zumindest ansatzweise verstanden haben; die meisten haben Militärdienst in Europa hinter sich (Zitat des Priesters gestern: „The kids talked kraut like a field of cabbage!“), einige hatten deutsche Elternteile.
Auf dem Heimweg überschlage ich unser Budget und beschließe, Euroscheine zu wechseln. Die Dame in einer recht großen Bankfiliale schaut mich an, als hätte ich ihr einen toten Hering auf den Tresen gelegt – Euros hatte sie noch nie in Händen! „Where did you get those?“ – „At home!?!“ – „Are those some kind of travellers‘ cheques?“ – „No, ma’am, it’s just the biggest currency in the world!“ [OK, das habe ich mich so dann doch nicht zu sagen getraut, man ist ja Gast- aber die Frage war O-Ton!]). Der Manager schaut vorbei und versucht zu helfen, aber die beiden wüssten nicht einmal, wo sie die Euros in der Kasse unterbringen sollten. Er geht telefonieren und meint dann mit einem entschuldigenden Händedruck, es täte ihnen wirklich furchtbar leid, aber es gäbe hier wohl keine Bank in der Region, die Euros wechseln würde. Dann fragt er tatsächlich: „Did you fly into the US or did you drive?“ Ich möchte ihm zu seinen Gunsten unterstellen, er meinte vielleicht von Kanada aus über die Grenze. Sein Tipp: Eine Bank am nächstgelegenen internationalen Flughafen, also Memphis, könne vielleicht helfen. Ich finde die Episode über alle Maßen amüsant und habe alle Hände voll damit zu tun, nicht laut zu lachen. Ich bedanke mich aufs Herzlichste bei den besorgten Bankern und versichere, ich habe eine Kreditkarte, die man hierzulande kennt, es sei alles kein Problem, ich würde Bargeld nur bevorzugen.
Heute abend kocht TeJuana für uns ein gigantisches Dinner, wir sollen bloß nichts zu abend essen, warnt sie uns per Handy. Frankie schneit bei uns herein, als wir gerade die Einkäufe ausladen; er hat einen „Combine“ = Mähdrescher im Milo-Feld (wird hier ausgesprochen wie Marlowe, eine maisähnliche Hirseart mit viel kleineren Körnern) neben seinem Haus gesehen und den Fahrer gebeten, Leo eine Runde mitzunehmen. Ich lade derweil Musik auf den iPod – neue Geräte üben eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf mich aus, deshalb fahren Leo und Anke alleine auf dem Mähdrescher von Joel und Kent aus der Nachbarschaft mit. Leo darf die riesige Maschine sogar selbst steuern. Anschließend darf er einen Sack seiner eigenen Ernte mitnehmen, den er am Abend mit Frankie zu Popcorn verarbeiten wird.
Bald sitzen Frankie, TeJuana und wir drei bei uns, trinken ein Bierchen und unterhalten uns über Gott und die Welt. TeJuana will das Essen fertigmachen, wir vertreiben uns derweil die Zeit mit Gokart-Fahren, was Leo immer besser beherrscht. Es macht ihm unglaublichen Spass, uns auf den Beifahrersitz zu packen und uns und den Pferden mit möglichst waghalsigen Manövern Angst einzujagen. Nach einem kurzen Trip zu JoNell und Valeries altem Haus gibt es Bauernbraten nach Arkansas Style, der dem bayerischen aber sehr ähnlich ist.
Ich gehe am späten Abend nochmal raus und fotografiere (trotz Halbmond sieht man die Milchstraße!), wobei die Moskitos ihr Möglichstes versuchen, mich komplett leerzusaugen.

Kirche, Hofleben und Road Trip

Nach einer weiteren ruhigen Nacht im Nirgendwo fahren wir um kurz vor 10 schick angezogen zu Turners und werden von dort aus von Michael in die Kirche gefahren. Ja, richtig gelesen. Ein Zehnjähriger fährt uns eine Viertelstunde weit mit dem SUV in den nächsten Ort. Südstaaten eben.
Die Church of Christ, der Valerie und ihre Familie angehören, unterscheidet sich deutlich selbst von unseren protestantischen Kirchen: Der Raum ist praktisch komplett schmucklos, der Priester trägt kein Messgewand, sondern nur Hemd und Anzughose. Der Gottesdienst besteht zu 95% aus Predigt, gestützt auf Bibelzitate, die man, wenn man schnell genug blättert, auch in den ausgelegten Bibeln mitlesen kann. Thema: Moral, Sünde und Täuschung; Tenor: „Society cannot redefine sin“, und das Böse lauert gut verkleidet an jeder Ecke. Die Predigt wird dennoch großteils locker rübergebracht, Siegfried und Roy werden ebenso als Meister der Illusion zitiert wie Kartoffelchips mit Cheeseburgergeschmack und ein älteres Gemeindemitglied, das fest davon überzeugt ist, ein sensationelles Gedicht geschrieben zu haben, das tatsächlich aber ein bekannter Songtext ist. Der Priester gesteht, nicht das Herz dazu zu haben, den Herrn über seinen Irrtum aufzuklären. Die Kinder dürfen Spielzeug und Malbücher mit in die Bank nehmen und beschäftigen sich leise.
Apropos Song: Gesungen wird auch, und zwar recht munter im Country Music-Stil (das, wie wir später erfahren am Geschmack des Vorsängers liegt), aber nur a capella. Die Kommunion ganz am Ende des Gottesdienstes in Gestalt von Salzcrackern und Traubensaft nehmen nur Getaufte. In der Church of Christ lässt man sich erst nach reiflicher Überlegung taufen; Valerie, Ashley und sogar TeJuana empfingen die Taufe erst nach dem Tod ihres (Groß)vaters vor wenigen Jahren. Zur Taufe entscheidet man sich in der Regel spontan. In der Kirche gibt es hinterhalb des (quasi nur in Form eines Rednerpults vorhandenen) Altars einen Raum, der mit einem Vorhang vom Hauptraum getrennt ist und ein Becken enthält, in welchem ein Erwachsener komplett untergetaucht werden kann. Daneben ein Umkleideraum, weiße Taufkleider hängen allzeit bereit. Der bewusste Umgang mit dem Glauben beeindruckt ebenso wie die Freigebigkeit der Gemeinde: Eine Schautafel an der Wand gibt die Besucherzahl der letzten beiden Gottesdienste (50 und 45) sowie die Höhe der während des Gottesdienstes gemachten freiwilligen Bargeldspenden (2000 und 1600 Dollar!!) bekannt. Grob geschätzt übersteigt das unsere Kirchensteuer deutlich.
Auf dem Heimweg schauen wir bei Buddys und Nanas Grab vorbei (auf dem „Hell Cemetery“ – das „Mitc“ von „Mitchell Cemetery“ war lange Zeit überwuchert, was die Phantasie der Dorfjugend damals sehr beflügelte, wie Anke aus eigener Erfahrung von vor 23 Jahren weiß).
Dann brutzelt Frankie Hotdogs, veredelt mit selbst angebautem Gemüse, und die Jungs dürfen wieder planschen und die Fahrzeuge schinden. Valerie muss mal eben nach Hause gefahren werden, und ich biete mich an – es ist ja nur ein ‚Tree-up‘ (so spricht man hier das Wort ‚trip‘ aus) von gut 600 Kilometer und ca. 6 Stunden Fahrzeit nach Clarendon in der Nähe der Hauptstadt Little Rock und zurück. Ashley begleitet uns, da sie meine Unterhaltung auf der Rückfahrt garantieren möchte, was ihr auch gelingt. Die Schwestern beteuern, vor uns läge der langweiligste Streifen Asphalt, der je verlegt wurde – 100 Meilen schnurgerade links der Bahnstrecke, dann als große Abwechslung 100 Meilen rechts davon. Für einen Mitteleuropäer ist aber gerade das faszinierend – eine Straße, die tatsächlich bis über den Horizont reicht; jedes entgegenkommende Auto eine Viertelstunde vor einem, eine Viertelstunde im Rückspiegel zu sehen. Endlose Güterzüge mit vielen Lokomotiven auf den Gleisen, viele der Getreidewaggons hat Andy, Ashleys Mann, wohl eigenhändig geschweißt.
Dann schießt plötzlich aus dem Nirgendwo ein Propellerflugzeug im Tiefflug über den Highway – ein „Cropduster“, der die Felder mit Unkrautmitteln oder Dünger besprüht und Manöver vollführt, die man sonst nur aus Kunstflugshows kennt. (Sagt euch nichts? „Planes“ anschauen!)
Derweil verdienen sich Leo und die „Boys“ mit Autowaschen einige Dollar, fackeln Feuerwerk ab und traktieren eine Pappschachtel mit Blasrohrpfeilen. Anke putzt mit TeJuana die auf dem Auction-Sale erstandenen Kostbarkeiten. (Beton-Pflanzkorb und -Hase)
In Clarendon setzen wir Valerie in ihrem „Ghetto“, wie sie es aufgrund einiger recht verkommener Häuser in der weiteren Umgebung nennt, ab, und verladen einige Preziosen aus dem Auction Sale in ihr Haus. Dann machen wir uns auf den Weg nach Paragould, wo ich Ashley absetze und zum Dank ein paar Dosen Busch Light und zwei Flaschen Jack Daniel’s & Cola mitnehmen darf. Dann fahre ich dank spinnendem GPS ein paar Meilen in die falsche Richtung, bevor ich den SUV nach Hause steuere. Dorthin (little House in the Prairie) sind Anke und Leo schon mit Valeries Truck gefahren, wo Leo nach einem Tag, an dem er, wie er selber sagt, „alles gemacht hat, was er tun wollte“, bald glücklich einschläft.
Dann schreiben wir noch unseren Blog, laden ihn als Textdatei aufs Handy und schicke ihn, auf dem Spülbecken liegend (denn nur da gibt es Empfang mit Internet) in den Äther. Liebe Grüße an alle zuhause!

Arkansas, wie es leibt und lebt

Wir verbringen eine ruhige Nacht in der Prärie. Frühmorgens begrüßt Esel Jasper, der zur Familie gehört und in der 100 Jahre alten roten Scheune neben dem Wohnhaus lebt, lautstark die Sonne. Er beobachtet uns Neuankömmlinge mit großem Interesse, aber auch sicherem Abstand. Außer ein paar Flaschen Wasser haben wir noch nichts im Haus, das Frühstück vom güldenen M verputzen wir auf dem Weg zu einer Auktion bei Jo Nell, Valeries Tante, bei der wir letztes Mal einquartiert waren. Diese Versteigerung ist eine sehr schlaue Sache: Zieht eine Familie hierzulande um, kommt alles, was entbehrlich ist, unter den Hammer. Das Ganze wird von professionellen Auktionären organisiert, und man möchte gar nicht glauben, wie schnell sich ein vollgestellter Hof leert. Es sind wohl um die hundert Interessenten vor Ort, und für jeden ist etwas dabei: Ölbilder, Möbel, ein Jeep, Werkzeug, natürlich auch Gewehre und Pistolen (wir sind hier im Midwest und in den Südstaaten, da gehören Schusswaffen so selbstverständlich zum Haushalt wie Handtücher), aber auch eine Riesenmenge Krimskrams und Schrott. Das Kleinzeug wird immer chargenweise verkloppt. Wenn man also Interesse an einem schönen Bettvorleger hat, muss man zwangsläufig auch eine Enzyklopädie in 20 Bänden, einen ausgestopften und recht räudigen Vogel, eine Handvoll Mardi-Gras-Masken und einen Kasten private Familiendias aus den frühen Sechzigern mitersteigern. Fast alles außer dem Bettvorleger wandert in den Müll – aber eben nicht bei der Familie, die umzieht, sondern bei den Käufern. Genial, oder? Schon vorher meinte Valerie, alles werde wohl verkauft werden, und sie behält tatsächlich recht. Nebenher gibt’s Hotdogs und Dr. Pepper Cola, Leo unterhält sich blendend mit anderen Kindern, teils auf einer internationalen Kindersprache (deuten und plärren), teils auf leicht gebrochenem Englisch („You fourwheeler oder I jetzt fourwheeler?“), auch mit Joseph und Michael, die mit ihrer Mama Ashley, Valeries Schwester, ankommen. Am Ende hat fast jeder etwas gefunden: Ich gehe mit einem nagelneuen 1,80m-Stativ für meine Kamera nach Hause, das ich für 12 Bucks abgestaubt habe (Ladenpreis wohl deutlich über 50, auf das auch Terry Bob, Freund der Familie, ein Auge geworfen hatte), und Valerie hat für Michael als verspätetes Geburtstagsgeschenk ein Gewehr Kaliber .22 ersteigert – wie gesagt, Südstaaten! Jo Nell, Tejuana und Ashley laden zwei Autos mit gemischtem Schrott voll, der dann zuhause auf die brauchbaren Stücke reduziert wird – z. B. eine Actifry-Friteuse, ebenfalls noch unbenutzt, für 23 Dollar – Ladenpreis 230! Diese Auktionen sind vorteilhaft für alle Beteiligten, und auch wenn man nur zuschaut, hat man seine Freude an den Menschen, die hier unterwegs sind, immer nach dem Motto: Es gibt nichts, was es nicht gibt. Valerie macht sich mit den Kindern und uns auf den Weg zu Frankie, und hier erlebt Leo nun den schönsten Tag seines Lebens: Frankie holt alles, was man betanken kann, auf seinen riesigen Hof: Ein Quad (hierzulande Fourwheeler genannt), ein Offroad-Gokart, ein „Mule“, eine Kreuzung aus Quad und Pickup-Truck für kleinere Transporte in unwegsamem Gelände, einen Dune Buggy (zweisitziges, praktisch komplett offenes Spaßauto, aus Resten eines VW Käfers zusammengedengelt), und natürlich einen klassischen John Deere Dreiradtraktor. Den Mule und vor allem das Gokart kann und darf Leo alleine fahren, und man hätte ihm das Grinsen wohl nur chirurgisch entfernen können. Auch die Großen haben an den Fahrzeugen ihre Freude, und Frankie gibt eine Dose Bier nach der anderen aus. Dann holt er selbstgemachten Tomatensaft mit Jalapenos, und wir verpassen dem Busch Light noch die richtige Würze – Radler mal ganz anders, aber äußerst lecker und erfrischend! Randy, ein guter Freund der Familie, den wir vom letzten Besuch schon kennen (er nahm uns mit auf die Landwirtschaftsmesse), kommt vorbei, und wir fachsimpeln über Immobilien und die Vorzüge von Pickup-Truck-Heckklappen mit eingebauter Trittstufe. Dann will Michael seine neue Flinte testen, und bald darauf schießen fast alle außer Anke und Leo auf Tontauben. Solange sich das Ziel nicht bewegt, stelle ich mich gar nicht so doof an. Nachdem die Knarren wieder weggepackt wurden, fahren wir auf der Ladefläche von Frankies gut abgehangenem Pickup zu unserer kleinen Farm, damit die Kinder auf Jasper reiten können. Als Proviant bekommen wir die übrigen Burger von gestern mit. Zurück bei Turners entdeckt Tejuana unter ihren ersteigerten Schätzen eine Wasserrutschbahn für den Garten, die von den Jungs begeistert in Betrieb genommen wird. Frankie brutzelt das Abendessen, es gibt Pork Chops, Schweinekoteletts, in dicker Soße mit selbstgemachtem Kartoffelbrei und „Biscuits“, einer Art mürbem Weißbrot, das ein wenig an Dampfnudelteig erinnert. Die Vitamine in Form von Gurken, Tomaten und Okra-Schoten stammen allesamt aus Frankies Garten, sind also taufrisch und köstlich. Bis zum Essen bringt mir Michael mehrere Billard-, Karten- und Würfelspiele bei. Der Abend klingt bei hausgemachtem Eistee und Mario Kart aus, um kurz vor 10 verabschieden wir uns und fahren auf unsere Farm.

Route 66 nach Arkansas

Nein, die legendäre Route 66 führt nicht durch Arkansas, aber sie begegnet uns heute mehrfach. Nachdem Leo fast alle hartgekochten Eier des Hotels verputzt hat, machen wir uns auf den Weg zu der Metallgitterbrücke, auf der die Route 66 über den Mississippi führte. Heute ist die Brücke für Autos gesperrt, und man kann zu Fuß von Illinois nach Missouri laufen. Dass der „Old Man River“ breit ist, weiß man ja. Dass man eine Viertelstunde laufen muss, wenn man sein Stativ in der Mitte (!) der Brücke stehen gelassen hat, führt einem die wahre Größe physisch spürbar vor Augen.
Große Teile der 66 wurden seit den 80er Jahren vernachlässigt oder gar zerstört; Valerie meint, dass einfach keine Gelder für die Pflege einer Interstate-Autobahn und der alten Landstraße zur Verfügung stehen; ein bisschen traurig ist es aber schon, dass die „Mother Road“ heute so zerstückelt ist.
Anschließend fahren wir nach Cahokia, einer ehemaligen Großstadt der Indianer. Zwischen ca. 1000 und 1400 nach Christus lebten hier zu Blütezeiten bis zu 20.000 Menschen – ebensoviele wie im damaligen London!
Heute sind neben diversen Fundstücken (Keramik, Pfeilspitzen, Werkzeuge, Schmuck etc.) vor allem die gewaltigen Erdhügel erhalten geblieben, die von den Mississippians über Jahrhunderte aufgeschüttet wurden. Der größte, Monk’s Mound, hat eine ebenso große Grundfläche wie die Cheopspyramide. Die damalige Kultur wird im angegliederten Museum (Eintritt frei, sehr löblich!) eindrucksvoll dargestellt, was auch eine Voraussetzung für den UNESCO-Weltkulturerbestatus ist, den die Anlage völlig zurecht trägt.
Zwischen Museum und Begehung der Mounds lädt uns Sue zum Mexikaner ein, lecker!
Nach Cahokia kann ich mich mit „Frozen Custard“, einem sensationellen Zwischending aus Milchshake und Softeis, dafür revanchieren. Die Königsklasse der Süßigkeit trägt die Bezeichnung „Concrete“, = Beton, aufgrund ihrer Konsistenz. Zum Ritual gehört, dass der Verkäufer den Becher kurz verkehrt herum hält, um zu demonstrieren, wie fest die Masse im Becher klebt. Zu erwerben auf der Route 66 bei Ted Drewes, einer Institution aus der Blütezeit der Straße, wo sonst?
Wir verabschieden uns von Sue und machen uns auf die dreistündige Fahrt nach Piggott, Arkansas, die auch für Leo schnell vergeht, weil Tejuanas GMC über DVD-Player und Bildschirm am Wagenhimmel verfügt. Auf dem Weg kaufen wir eine Box mit 30 Hamburgern in Häppchengröße, die „Sliders“ von White Castle, wo angeblich das Fast Food erfunden wurde. Valerie erzählt, dass sie mit Schulfreunden früher zwei Stunden hin- und wieder zurückgefahren ist, um an diese Delikatesse zu kommen.
Etwas weiter kennt Tejuana, einen weiteren Mound, der neben einem Friedhof liegt. An den Grabsteinen fällt uns auf, dass oft Jahreszahlen fehlen; so finden wir z. B. zahlreiche Fälle von noch nicht verblichenen 125jährigen. Landluft ist gesund, oder? Wir erfahren, dass sehr viele Familien beim ersten Todesfall gleich mal alle Angehörigen eingravieren lassen und das Sterbejahr später nachtragen – daran kommt ja wohl keiner vorbei. Manchmal geht das aber schief, z. B. wenn ein Angehöriger sich woanders begraben lässt. – und dann bleibt ein scheinbar Unsterblicher zurück.
Viel lebensfroher geht es im Boomland Fireworks Store zu: Hier kann man ganzjährig Feuerwerkskörper einkaufen, zum Teil in mannshohen Großpackungen. Nebendran gibts einen Krimskrams-Superstore.
In Piggott angekommen begrüßt uns Frankie, Valeries Vater, mit selbstgemachtem Beef und Deer Jerky (Trockenfleisch), und wir bringen die erste Runde Mitbringsel (Steiffbär, Dvorak-CD, Trick-Krug, Bildband, Dirndl) unters Volk. Dann werden wir zu ‚unserer kleinen Farm‘ gebracht, die ca. 1 km von Tejuana und Frankies Haus entfernt mitten zwischen den Feldern liegt, das Haus ihrer Großeltern „Buddy“ und „Nana“, das wir für uns allein haben. Hier werden Haustüren nicht abgesperrt, sogar der Zündschlüssel von Valeries schickem Pickup-Truck, den sie uns leiht, dürfte im Schloss bleiben, aber das bringe ich beim besten Willen nicht fertig.
Mit dem Handyempfang sieht es dagegen mau aus, deshalb kann ich ab jetzt wohl auch keine Fotos mehr hochladen (Valeries Eltern haben keinen Internetanschluss, brauchen sie nicht – hier lebt man einfach noch gemütlicher; auf unserer Farm gibt’s nicht mal Telefon, weil ja hier niemand mehr dauerhaft wohnt), aber das wird nachgeholt.

Riding the Rails to St. Louis

Ort: Illinois und Missouri
Wetter: Bewölkt bis sonnig
Musik: Friends will be friends
Essen: Pulled Pork und sliced Roast Beef
Motto: South-Westward Ho!

Heute folgen wir der historischen Route 66, aber erst einmal auf Schienen. Gut, dass das Auschecken im Hotel und das Taxirufen (per Lampe, sehr cool) flott ging: In der Union Station wird man eine halbe Stunde vor Abfahrt eingecheckt.
Der Bahnhof liegt halb unterirdisch, die Bahnsteige sind düster und dreckig. Dagegen ist der klassisch silberglänzende Zug innen sehr geräumig, besser als 1. Klasse DB, und gepflegt. WLAN gibts auch, also kann ich gleich bloggen. So viel angenehmer als fliegen! Außerdem hat man noch echte Übergänge zwischen den Waggons, die blechern scheppern und sich gegeneinander verschieben, was Leo sehr beeindruckt. In unseren ICEs ist das ja alles mittlerweile unter Putz.
Wir frühstücken Hot Dogs, Breakfast Burger und Cream Cheese Bagels aus dem Speisewagen.
Wir fahren durch Joliet, in dessen Gefängnis Jake Blues einsitzen musste. Heute ist das Jail als Museum zu besichtigen. Nächstes Mal vielleicht…
Nach dem Frühstück habe ich Zeit, die bisher geschossenen 1118 Fotos auf „nur“ 305 zu reduzieren – Strom für den Laptop gibt’s auch. Überhaupt wird man in Amerika vorzüglich versorgt, z. B. stehen in der Innenstadt von Chicago überall Trinkbrunnen herum. Was ein wenig nervt ist die allgegenwärtige Klimaanlage: Jeder geschlossene Raum, sogar ein botanisches Atrium am Pier mit tropischen Pflanzen, ist arktisch klimatisiert. Keine Ahnung, wie die Amerikaner das packen. Gut, dass wir unsere Softshell-Jacken immer dabei haben.
Noch nerviger sind die US-Dollar: Alle Scheine haben genau dieselben Maße und quasi dieselbe Farbe. Ich lebe in der permanenten Sorge, einem Kellner aus Versehen 100 Dollar Trinkgeld zu geben. Das Bezahlen ist sowieso knifflig, da die staatliche Mehrwertsteuer meist erst an der Kasse aufgeschlagen wird. Will man z. B. einen Kapuzenpulli kaufen (weil man dummerweise nicht warm genug zum Essen im Restaurant angezogen ist), der laut Etikett 38 Dollar kostet, sind an der Kasse plötzlich 42 Dollar zu berappen.
Eine phantastische Idee hatte dagegen die Eisenbahngesellschaft Amtrak, als sie zur Unterhaltung für jeden Streckenabschnitt mehrere Podcasts produziert hat. So hat man noch viel mehr von der Eisenbahnreise.

In St. Louis, Missouri, erwarten uns Valerie und TeJuana um 15:00 am Bahnhof. Wir fahren direkt zur katholischen Cathedral Basilica of St Louis,
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ein Geheimtipp von Valeries Freundin Sue, die wir später treffen. Die romaneske Kirche ist komplett mit Mosaiken ausgestaltet, obwohl sie erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts erbaut wurde. Sehr eindrucksvoll, schön und besinnlich!
Danach kehren wir zur alten Union Station zurück, die zum Einkaufszentrum umfunktioniert wurde, und treffen Sue, mit der wir dann bei Maggie O’Brien’s Irish Pub sehr leckeres Pulled Pork und Roastbeef-Sandwiches genießen.
Um 20:00 haben wir Tickets für den Gateway Arch, einen riesigen Bogen aus Edelstahl, der das Portal zum Westen symbolisiert – die Entdecker Lewis und Clarke zogen von hier vor gut 200 Jahren los, um den wilden Westen zu kartographieren (hat geklappt) und einen schiffbaren Fluss zum Pazifik zu finden (da sind aber die Rockies im Weg). Der Bogen ist nicht nur ein wunderschönes Denkmal und gleichzeitig die größte Edelstahlkonstruktion der Welt (Superlative müssen eben sein), der Weg nach oben erinnert auch sehr an die High-Tech-Festungen von James Bond-Bösewichten aus den Sechzigern: Man besteigt im Keller eine eiförmige Kapsel,
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in der man recht gedrängt sitzt; diese Kapsel wandert dann den Bogen hinauf und dreht sich dabei in ihrer Führung; aber nicht wie beim Paternoster sanft schwingend, sondern in kleinen ruckartigen Schritten. Oben angekommen blickt man auf West und Ost hinab; ironischerweise liegt der „zivilisierte“ Stadtkern im Westen, und im Osten ist es weitestgehend leer. Anke hält trotz Höhenangst heldenhaft mindestens zwanzig Minuten nahezu klaglos aus.
Nach der Talfahrt gibt es einen Dokumentarfilm aus den Sechzigern, der den Bau des Monuments begleitet und die außergewöhnliche technische Leistung würdigt.
Der Tag endet im Comfort Inn Hazlewood, das Valerie für uns gebucht hat. Sue, die bei uns bleibt und uns morgen begleitet, und deren Mann Polizist ist, warnt vor der üblen Gegend, was mich als unbewaffneten (nebenbei: Valerie wäre heute beinahe nicht in den Arch gekommen; „she carried“) Touri aber nicht von einem kleinen Getränkeshoppingspaziergang abhält.

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Chicago – Kultur pur

Ort: Chicago, IL
Wetter: Trocken, windig
Musik: Heard it through the grapevine
Essen: Chicago Style Hot Dogs
Motto: Life is like a box of chocolates

Der Jetlag lässt langsam nach, und wir wachen „erst“ um kurz nach sechs auf. Nach dem Restefrühstück (Pizza) und Gratiskaffee vom Hotel fahren wir mit dem Bus zum Loop. Das Wetter meint es gut mit uns. Um 8:30 stehen wir vor den verschlossenen Türen des Chicago Art Institute – zwei Stunden zu früh. Sowas passiert uns sonst nicht so schnell. Egal, wir bewundern eine „Gang“ von ca. 20 Harleys
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– beim genaueren Hinhören sind es Italiener, die wohl die Route 66 vor sich haben, welche direkt vor den Türen des Kunstmuseums beginnt. Wir versuchen, einen gebrauchten IPod für Leo aufzutreiben (seiner hat den Geist aufgegeben, Apfelglump!) und geraten so in ein Hochhaus, das komplett von Juwelieren gemietet zu sein scheint. Im Pawn Shop, Pfandleihhaus, im 7. Stock führt man leider auch nur Schmuck.
Dann darf sich Leo auf einem Picasso austoben – nicht mit Wachsmalkreide, sondern zu Fuß; auf der Daley Plaza steht eine riesige Pferdeskulptur des Meisters.
Direkt gegenüber lädt der Chicago Temple of the First United Methodist Church
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zum Innehalten ein; eine Freiwillige erzählt uns Geschichten aus ihrer Kindheit („Oma redete prinzipiell nur mit Methodisten“) und Witze („Baptisten kommen in die Hölle wegen Rauchens, Methodisten wegen Trinkens, Anglikaner, weil sie die falsche Gabel verwendet haben“). Leider haben wir für die Chapel in the Sky um 14:00 keine Zeit, dazu später.
Nun ist auch das Art Institute geöffnet, und wir stürzen uns auf Künstler der ganzen Welt. Nach fast 3 Stunden Rembrandt, Monet, Hopper,
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Wood und co. hat Leo großen Hunger. Zunächst gibt’s einen Chicago Style Hotdog („dragged through the garden“, so genannt wegen der vielen Gemüsebeilagen) auf die Hand, dann dürfen wir bei Buddy Guy’s Legends hören, wie Anthony Moser nicht die Harfe bläst, sondern die Saiten zupft.
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und genießen creolische Spezialitäten wie Gumbo und Hog Wings (wenn Schweine fliegen können?). Was daran besonders ist? Mittags sind auch Kinder herzlich willkommen, obwohl Bier auf dem Tisch steht (Alkohol und Jugendliche passen in den Staaten selten unter ein Dach).
Dann lösen wir das Versprechen ein, mit Leo über den „Plärrer“, wie er es nennt, also zu den Fahrgeschäften am Navy Pier, zu schlendern. Abkühlung holen wir uns dann am nahe gelegenen Ohio Street Beach; Leo schwimmt im Michigansee,
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wir müssen uns mangels Badekleidung mit Waten und einem Bierchen in Caffé Oliva begnügen und hoffen, dass es nicht wieder wie gestern abends gewittert.
Wir stärken uns mit Seafood in der Bubba Gump Shrimp Co. (angelehnt an „Forrest Gump“) am Pier, und dann kommt der krönende Abschluss: Ein nächtlicher Segeltörn auf dem Tall Ship Windy (ein passender Name, angelehnt an Chicagos Spitznamen ‚Windy City‘; der Wind ist kalt und kräftig), um das Feuerwerk zu bestaunen, das im August zweimal die Woche über Chicago abgebrannt wird – ein unglaubliches Erlebnis!
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Leo darf beim Segelsetzen helfen, muss dann aber schlafend per Taxi ins Hotel gebracht werden.

Danke übrigens für die Kommentare, wir freuen uns sehr, dass Ihr virtuell dabei seid!

Chicago zu Fuß

Ort: Chicago, IL
Wetter: Alles dabei
Musik: Sitting on the dock of the bay
Essen: American Breakfast
Motto: Keep on walking

Bin um Viertel nach vier aufgewacht, Leo kurz darauf. Es hat immer noch wie aus Kübeln gegossen. Nachdem ich ein Tagesprogramm für Chicago im Regen gebastelt hatte (Chicago Art Institute, Field Museum, Shedd Aquarium, Adler Planetarium und Chicago Children’s Museum sind allesamt äußerst sehenswert), wollten wir Jungs dann schon mal losziehen, Regenschirme oder Ponchos besorgen, doch Anke ist dann auch aufgewacht. Als wir kurz nach sechs das Hotel verließen, war das Wetter auch besser geworden und wir blieben trocken. Der erste Eindruck: Chicago ist eine äußerst gepflegte, schöne Stadt; überall Blumenbeete, breite Straßen und Fußwege, und wenn man’s sportlich angeht alles in Laufreichweite.
Auf der Straße sprach uns dann eine Hobbyfotografin an (die Nikon um den Hals ist ähnlich wie ein Freimaurerhandschlag) und gab uns diverse Tips, z. B. zum Frühstücken im West Egg Café.Nach ca. 2 Millionen Kalorien (Hacksteak in Cremesauce mit Bratkartoffeln, French Toast, Pancakes und zwei Liter Kaffee – nota bene zum Frühstück!)…
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…begrüßte uns die Sonne, und wir konnten tolle Fotos von den Wolkenkratzern machen – besonders hübsch die Zentrale der Lokalzeitung „Chicago Tribune“ mit einer Spitze, die an eine gotischen Kathedrale erinnert.
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In den Parks zwischen dem „Loop“ genannten Innenstadtkern und dem meerähnlichen Michigan-See
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begeisterten uns diverse Skulpturen, vor allem das „Cloud Gate“ (die 100 Tonnen schwere und zehn Meter hohe Bohne besteht übrigens aus einzelnen Metallplatten, deren Nähte unsichtbar verschweißt wurden – schon allein handwerklich ein Meisterwerk),
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und Leo darf oben ohne in den Brunnen mit ihren turmhohen Multimedia-Kunstwerken toben.
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Über eine Fußgängerbrücke aus der Feder von Frank Gehry
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gelangten wir zu einem riesigen Spielplatz, komplett mit „Enchanted Forest“,
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Tower Bridge-Kletterburg und, und, und. Zum Chill-Out (im wahrsten Sinn des Wortes, denn es ist wieder ordentlich heiß geworden) setzten wir uns am Yachthafen mit Snow Cone und Cola unter einen Apfelbaum. Leo fütterte ein zutrauliches Eichhörnchen mit Keksen:
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Am Buckingham Fountain wird Anke vom Lokalradio interviewt und gibt gerne zu, noch nie einen größeren, beeindruckenderen Brunnen gesehen zu haben – die Kulisse der Wolkenkratzer in der Ferne hinter den riesigen Grünflächen ist aber auch wirklich hübsch.
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Im palastähnlichen Field Museum bestaunen wir den größten bislang freigelegten Tyrannosaurus Rex,
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den man der Einfachheit halber hier „Sue“ nennt, bevor wir einen 3D-Film über die Evolution auf den Galapagosinseln genießen. Sehr eindrucksvoll ist auch eine umfassende Ausstellung über amerikanische Ureinwohner. Dann erschleichen wir uns noch Zugang zu einer Sonderausstellung, in der man virtuell um den Faktor 100 geschrumpft das Erdreich erkundet – meterlange Würmer und Ameisen aus Plaste inklusive.
Der Schrittzähler zeigt 19 Kilometer an, unsere Füße brennen, deshalb fahren wir mit dem Bus (dauert 45 Minuten – wir sind also wirklich wacker gelaufen) zurück zur Watertower Area, wie das Gebiet um unser Hotel genannt wird. Dort angekommen werden wir in der Cheesecake Factory nicht von Penny, sondern Lauren mit Burgern und – welch Überraschung – Käsekuchen verwöhnt.
Ein sehr schöner, doch auch anstrengender Tag endet um 19:00 für die Großen mit Sierra Nevada Oktoberfest Beer und für Leo mit Donald Duck über Youtube.

Pizza & Riegele’s Friends

Nachdem wir Leo todmüde im Hotel ins Bett gelegt haben, ziehe ich nochmal los, Stadtluft schnappen und Futter besorgen. Ich laufe ein paar Blocks zu Giordano’s, einer echten Institution, denn Pfannenpizza ist die Chicagoer Spezialität.
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Während der einstündigen Wartezeit (das gehört dazu) erlebe ich ein waschechtes Great Lakes-Gewitter:

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Alles bestens!

Sind gut in Chicago gelandet, sogar die Koffer sind da! Wie die Dänen das in der kurzen Zeit geschafft haben, ist mir ein Rätsel. Aber die haben ja schon Amerika entdeckt und sogar Lego erfunden, die haben’s also drauf.
Der Flug war recht angenehm, auf Sitzplatz in der letzten Reihe muss man wenigstens keine Rücksicht beim Zurücklehnen nehmen. Sehr nett war vor allem die Möglichkeit, per Front- und Bodenkamera live nach draußen zu schauen und vor allem die Landung zu verfolgen. Das Abendessen war auch recht ordentlich, aber beim Spätimbiss waren wir froh, selbst noch Semmeln und Brezen von zu Hause mitgebracht zu haben.
Wir sitzen schon im Bus von Go Airport Express, der uns zum Hotel bringt. Happy!
Unsere amerikanische Handynummer lautet +1-267-752-4361. Schwülwarmes Wetter, netter Fahrer.